Kanada • Canada ´17

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High Note Trail, Whistler

Kanada – der lange gehegte Traum. Für uns ist ein Kanadaurlaub mehr als nur die Flugbuchung und der Haken auf einer endlos wirkenden Liste interessanter und aufregender Reiseziele. In Zeiten, in denen viele Länder per se nicht bereist werden können, da sie entweder zu gefährlich sind oder die politischen Verhältnisse gegen alles stehen, für das wir eintreten, wirkt Kanada wie eine Insel der Glückseligen. Wir entschieden uns dafür, dieses riesige Land über 7 Zeitzonen nicht in einem Urlaub „abreisen“ zu wollen, sondern konzentrierten uns in unserem persönlichem „Kanada 1.0“ zunächst auf Westkanada. Dieser Teil des Landes, geprägt von den kanadischen Rocky Mountains, ist überzogen mit atemberaubenden Landschaften, Berggipfeln, kleinen und größeren Ortschaften und der pulsierenden Metropole Vancouver.Bereits in Deutschland wurde uns bei jeder Kanada-Recherche nahegelegt, dass das wichtigste Utensil einer Reise in die Rockys das Bärenspray ist. Interessanterweise bekommt man es sogar in Outdoorgeschäften Thüringer Kleinstädte. Der Verkäufer meinte „Die Nachfrage an Bärenspray ist gestiegen, nachdem die Flüchtlinge Deutschland erreichten. 80,- Euro bitte.“ Wie gruselig.

Nach unserer Landung in Vancouver führte unser erster Weg direkt nach Whistler, der ersten Station unserer Reise. Whistler hat den Charme des Eingangsbereiches eines guten Freizeitparks. Super gepflegt, Schindeldächer, Touristenwegweiser, Hotels, Cafés und Handygeschäfte soweit das Auge reicht. Es entsprach also unserer Erwartungshaltung an einen ehemaligen Austragungsort der Olympischen Winterspiele. Somit sollte Whistler eigentlich nur eine Zwischenstation werden, da uns der lange Weg in die Tiefen der Rockys, die Nationalparks, nach einem so langen Flug zu weit erschien. Diese Erwartungshaltung wurde während unseres Besuchs in Whistler positiv „enttäuscht“. Das absolute Highlight war unser erster Hike auf dem Weg zum Blackcomb Peak, derer bis auf die halbe Höhe des Berges führt. Von dort an fährt eine Seilbahn bis auf den Gipfel. Vom Blackcomb Peak bietet sich die Fahrt mit der Peak to Peak-Bahn Luftseilbahn zum Mount Whistler an. Sie überquert den tief geschnittenen Fitzsimmons Creek mit einem Blick auf schier unendliche Wälder und Berge. Mit jeder Station wird die Aussicht besser. Angekommen auf dem Mount Whistler haben wir uns für den recht anspruchsvollen High Note Trail entschieden. Er führt im Grunde um den Gipfel herum und bietet wunderbare Sichten auf außergewöhnlich farbige Bergseen, schneebedeckte Berggipfel und gibt damit einen Einblick in die Weiten der Rocky Mountains.

Der Weg von Whistler zum Mount Robson, dem höchsten Berg der kanadischen Rockys, führte uns über den Kamloop Lake nach Clearwater. Zwischendurch frühstückten wir in der Strawberry Moose Snackery bei Clearwater, einem unglaublich liebevoll geführten Café mit köstlichem Kaffee und einer Vielzahl an süß-sündigen Gebäcken. Die Bedienung Susan ist der Inbegriff einer extrem freundlichen kanadischen Mama, die einen nicht gehen lässt, bevor alles probiert wurde und man sich aufgrund des kugelrunden Bauches kaum noch bewegen kann.

Angekommen am Mount Robson, einen wunderschönen Gebiet, das von den meisten Touristen und Backpacker nur als Streckenpunkt auf dem Weg zum Jasper National Park genutzt wird, stellte sich die Suche nach einer geeigneten Unterkunft schwierig dar. Entgegen unserer Annahme, dass man doch immer irgendwo etwas finden wird, war die Auswahl mehr als begrenzt. Selbst die Rundtelefonate des am Fuße des Mt. Robson ansässigen Informationszentrum zeigten wenig Erfolg. Durch Zufall fanden wir dann jedoch eine der schönsten Unterkünfte, die wir in Kanada beziehen sollten – Die Mt. Robson Lodge, eine Mischung aus Zeltplatz und authentisch eingerichteten Hütten mit durchschnittlichen Preisen. Betrieben durch ein freundliches, älteres Ehepaar und dessen Familie, konnten wir dort viele Tipps für anstehende Unternehmungen abgreifen.

Die erste Wanderung sollte uns zum Little Lost Lake führen, dessen Name tatsächlich Programm ist. Nachdem man den ziemlich versteckten Start des Trails direkt am Straßenrand des Highway 16 gefunden hat, führt eine etwa 1,5 stündige Wanderung an den kleinen, von Wäldern umschlossenen Bergsee. An diesem menschenleeren Ort kann man ein paar Stunden verbringen, ungestört baden und kanadischen Kindern beim Fliegenfischen zusehen. Ein echter Geheimtipp.

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Kinney Lake

Unser zweites Vorhaben war die 7km lange Wanderung über den Berg Lake Trail direkt am Mount Robson zum Kinney Lake. Entgegen der Ankündigung waren nach ein paar hundert Metern auch hier immer weniger Touristen anzutreffen. Der Kinney Lake besticht durch ein fantastisches Bergpanorama, die Möglichkeit um den See herumzuwandern und die vielen Sitzgelegenheiten für ein ausgiebiges Picknick. Wer mehr Zeit vor Ort investieren kann, sollte den Trail weiter zum Berg Lake wandern, muss aber mindestens eine Nacht im Zelt einplanen.

Direkt an unserer Unterkunft beginnt das etwa dreistündige White Water Rafting auf dem Fraser River, ein Must-Have für alle, die sich trauen. Die Buchung erfolgt an der Rezeption der Mt. Robson Lodge.

Nach den Wanderungen in der außergewöhnlich schönen Umgebung des Mount Robson führte unsere Tour weiter in den Jasper National Park. Zum Start unseres Besuchs in diesem bekannten  Nationalpark gönnten wir uns in Jasper Town erst mal einen hervorragenden Kaffee im SnowDome Café. Dieses sehr nette Café bietet nebenbei auch die Möglichkeit sich zu duschen, seine Wäsche zu waschen und sich dabei eben köstlich zu stärken. Wir entschieden uns, an den Maligne Lake zu fahren. Bereits auf dem Weg über die Maligne Lake Road bieten sich tolle Fotomotive, beispielsweise am Medicine Lake mit seinem riesigen Bergpanorama. Zwar waren leider zum Zeitpunkt unseres Besuches viele Bäume durch Waldbrände verkohlt, aber auch der Anblick dieser traurigen Reste hat seinen ganz eigenen Reiz und mindert den Eindruck dieser unglaublichen Landschaft in keinster Weise. Am Ende der Straße gelangt man dann an die Nordspitze des Maligne Lake. Türkis-blau-grün schimmert der See und lädt zu einer entspannten Bootstour ein. Über fehlende Möglichkeiten zur Stärkung braucht man sich keine Gedanken zu machen, ist dieser Bereich doch mit einem großen Restaurant, Eisständen und Souvenirgeschäften touristisch bestens erschlossen. Wir haben den sehr entspannten Mary Schäfer Loop gewählt, um ein wenig am See entlang zu spazieren.

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Jasper National Park, Mount Edith Cavell

Ein weiteres Highlight im Jasper National Park stellte für uns der Gletscher am Mount Edith Cavell dar. Eine schön verschlungene Straße führt durch die Kiefernwälder den Berg hinauf zum Viewing Point am Gletscher. Auch hier sollte man die Augen offenhalten, da es viele tolle Aussichtspunkte auf dem Weg gibt, die einen überragenden Blick über das Tal und in die Ferne ermöglichen. Der Gletscher und seine Umgebung sind ein schöner Kontrast zu all dem Grün, das sich sonst bietet. Das raue Eis, die steinigen Flächen mit wenig Bewaldung und das Gletscherwasser wirken sehr grau, kühl, fast dreckig.

Auf dem anschließenden Weg zum Highway 93, dem Icefields Parkway, kamen wir an den Athabasca Falls vorbei, für die man ruhig kurz anhalten kann, um zwei, drei Fotos zu schießen. Dieser rauschende Wasserfall des Athabasca Rivers mit dem imposanten Mount Kerkeslin im Hintergund stellen ein tolles Motiv dar. Auch am Icefields Parkway, der uns nach Süden führte, reiht sich ein Aussichtspunkt an den nächsten und ständig möchte man rufen „Wow, welch eine Natur!“ Den Glacier Skywalk, einen halbrunden Glasbogen, der für ca. 35 Dollar einen weiten Ausblick über das Tal bieten soll, haben wir nicht mitgenommen, da die ganzen Reisebusse davor ein wenig abschreckend wirkten.

Wenn man am Ende des Icefields Parkway auf den TransCanada Highway trifft, befindet man sich schon im Banff National Park. Ein sehr häufig genannter und mit entsprechend hohen Erwartungen verbundener Reisetipp ist der Lake Louise mit einem luxuriös wirkenden Hotel am Nordufer. Leider waren zum Zeitpunkt unseres Besuches die Parkplätze komplett überlastet und die Zugangsstraße links und rechts völlig zugeparkt. Der See selbst war dann natürlich entsprechend mit Touristen überlaufen, und da wir obendrein auch noch wenig Glück mit dem Wetter hatten, waren wir Ende von „dem“ Lake Louise regelrecht enttäuscht. Allerdings wird der Lake Louise sicher an anderen Tagen eine ganz andere Wirkung entfalten können. In Banff Town haben wir am nächsten Tag die Chance genutzt, den ganzen Menschenmassen zu entkommen, und mieteten uns im Banff Canoe Club ein Boot, um über den Bow River zu paddeln. Der Blick vom Fluss aus über die Vermillion Lakes auf den markanten Mount Rundle sind wirklich atemberaubend und zu jeder Tageszeit unterschiedlich und dennoch gleichermaßen schön. Eine solche Paddeltour sollte jeder einplanen, der die Zeit dafür hat.

Ein weiteres Ziel sollte für uns der kanadische Glacier National Park sein. Auf dem Weg dorthin machten wir in Golden halt und fanden mit dem Big Bend Café ein uriges Lokal, um ein leckeres und reichhaltiges Frühstück zu uns zu nehmen. Rührei in allen möglichen Varianten mit kräftigender Fleischbeilage und Kaffee mit Free Refill bildeten eine sehr gute Grundlage für unsere spätere ausgedehnte Wanderung auf den Mount Abbott. Da an diesem Tag und in dieser Region eine Bärenwarnstufe bestand, warteten am Trailhead des Abbott Ridge im Illecillewaet Campground bereits Ranger, die uns darauf hinwiesen, dass Wandern nur in Gruppen ab vier Personen erlaubt war. Deshalb schlossen wir uns mit Vera und Tobias aus Braunschweig zusammen und starteten den 7 km langen Wanderweg zur Bergspitze. Nach dem ersten steilen Viertel passiert man den Marion Lake, der sich recht nett und unscheinbar in das Kiefernumfeld einbettet. Danach ist der Trail weniger steil, aber dennoch anspruchsvoll und bietet je höher man kommt, einen umso beeindruckenderen Rundumblick, u.a. auf den Mount Sir Donald und den Illecillewaet Glacier. Während unseres Hikes wechselte sich immer wieder Sonnenschein mit Wolken und leichtem Regen ab, sodass das Licht und die Natur jedes Mal andersartig wirkte und uns staunen ließ, insbesondere als wir am Berggipfel im Sonnenschein saßen, dabei aber oberhalb der Wolken den Regen im Tal beobachten konnten. Bären sind uns während der Wanderung natürlich keine begegnet. Gottseidank! Auch wenn ein ganz kleiner Teil, tief im Herzen vergraben, unvernünftigerweise auch mal auf eine solche Situation hofft, Meister Petz in freier Wildbahn erleben zu können. Dann natürlich aber in großem Abstand und bestenfalls mit einem reißenden Fluss dazwischen und ohne dass er uns wahrnimmt. Aber zu solch einer Situation kam es nicht. Bären in freier Wildbahn haben wir nur einmal neben dem Icefields Parkway gesehen, hinter der Leitplanke und völlig unbeeindruckt von den stauverursachenden Touristen, die prompt und zuhauf auf dem Standstreifen anhielten, um aus dem Fenster heraus Fotos fürs heimische Familienfotoalbum zu schießen. Dafür konnten wir am Mount Abbott immerhin mehrere Murmeltiere und Steinböcke beobachten, die unseren Weg kreuzten.

Nach der ca. 7 stündigen Wanderung kamen wir ausgelaugt, aber glücklich ins Tal zurück und bezogen unser Nachtlager in der Arthur O. Wheeler Hut, einer sehr schönen Blockhütte, in der bis zu 30 Wanderer unterkommen können. In dieser Nacht waren jedoch lediglich noch Alex und sein Sohn Michael aus Calgary Gast der Hütte. Zu viert kochten wir deshalb gemeinsam beim Licht der Gaslampen unser Abendbrot, das wir dann am Kamin mit seinem knisternden Feuer aßen und dabei über Gott und die Welt philosophierten. Gemütlicher kann es unserer Meinung nach in keinem Hotel sein. Geschlafen wurde später im Schlafsack auf den Matratzen der Hütte. Am nächsten Morgen verließen wir glücklich die Rockys und fuhren an den letzten Tagen unserer Reise nach Lethbridge, Calgary und Vancouver, um noch ein wenig Stadtleben als Kontrast zur Natur erleben zu können.

Galerie

27 Gedanken zu “Kanada • Canada ´17

  1. Wow, unglaublich tolle Bilder! Mir gefällt vor allem, wie Du die Bilder in so einer kleinen Galerie untergebracht hast! Ist das von deinem Theme oder gibt es dafür ein Plugin?
    Kanada ist definitiv auf meiner Bucketlist, mal sehen, ob und wann ich mal hinkommen werde. 🙂

    LG von GeoMarian

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  2. Wow, was für tolle Bilder! Da bereue ich fast, dass ich mich für mein Auslandssemester gegen Kanada entschieden habe, aber ich werde im Winter gehen und bin so verfroren. Den Kanada-Besuch werde ich auf jeden fall mal nachholen müssen!

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  3. Julia Erdbeerqueen schreibt:

    Was für tolle Bilder. Kanada war bislang nicht auf meinem Schirm, aber wenn ich das jetzt so sehe umso mehr.
    ❤ Danke für dieses kleine bisschen Urlaubsstimmung am Abend.
    Liebe Grüße

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